Das Leben eines Wolfs ist nicht per se schöner, besser, einfacher oder leichter als das eines Menschen. Es kommt hier wie dort auf die Umstände an, vor allem auf die soziale Gruppe, in der man lebt. Wobei man als Mensch in Mitteleuropa sehr gute Chancen hat, sich seine soziale Gruppe aussuchen zu können. Ein Wolf kann dies meistens nicht: die Alternativen sind entweder seine Familie oder Einsamkeit.
Eine solche Existenz ist also nicht romatisch. Und das ist auch der Grund, warum ich es mir so lange schwer gemacht habe: einerseits passten die Erlebnisse nicht zu den romantischen Klischees über wölfisches Verhalten, die ich damals kannte, anderseits befürchtete ich, genau diese unterbewusst doch zu suchen. Erst die Beschäftigung mit der Fachliteratur über Wölfe, welche fast vollständig meine Erlebnisse bestätigte, gab mir Sicherheit.
Und um ehrlich zu sein, wenn ich es mir wildromantisch vorstelle, dann fühle ich mich als Schauspieler in einem alten Heimatfilm. Im Gegensatz zu meinen Erlebnissen wirkt das auf mich garnicht mehr authentisch.