Basis FAQ

Der Werbär

Wenden wir uns zunächst den historischen Legenden über Werbären zu.

Werebear schreibt:

Howdy. Nun, in den letzten Wochen habe ich -- in meiner Freizeit -- diese Mini-FAQ über Werbären und Bär-Mythen zusammengestellt. Vielleicht ist sie ja für den ein oder anderen interessant. Besten Dank an Wolfshadow (Dave Aftandilian) für seine Hilfe bei den Informationen über Schamanismus und das Lektorat.

Die Skandinavier

Im Skandinavien existierte ein weit verbreiteter Glaube, dass sich manche Menschen in einen Bären verwandeln oder seine Eigenschaften annehmen können. Das Wort "Berserker" stammt von diesen Legenden. Man glaubte, wenn ein Krieger sich in ein Bärenfell hüllt, das mit speziellen Ölen und Kräutern getränkt war, würde der Krieger die Stärke, Ausdauer und Macht des Tieres erlangen. Im Kampf geriet der Krieger in einen rauschartigen Zustand und war angeblich in der Lage, die Rüstung des Feindes zu durchbeißen oder ohne Verletzung durch Feuer zu laufen. Egal wieviel von dieser Sage wahr ist, alleine der Gedanke an eine Horde tollwütiger als Bären gekleideter Wikinger dürfte kriegslüsterne Gegner ernüchtert haben.

Die Griechen

Auch die Griechen der frühen Antike glaubten an die Möglichkeit dass Menschen zu Bären werden können. Die wohl am häufigsten erzählte Geschichte handelt von Kallisto, Tochter des Lykaon, die Zeus einen Sohn mit Namen Arkas gebar. Aus Eifersucht verwandelte Hera, die Frau des Zeus, Kallisto zur Strafe in einen Bären. Auf der Jagd traf Arkas auf seine Mutter und setze an sie mit dem Speer zu erlegen, unwissend wen er vor sich hat. Aber Zeus hatte Mitleid mit der Mutter und ihrem Sohn. Er stellte beide als Sternbilder Großer Bär und Kleiner Bär an den Himmel. Im Zusammenhang mit dieser Geschichte steht auch der alt-griechische Name für Bär: Arktos. Die Arkades, Bewohner von Arkadien, stammten angeblich von Arkas ab. Ihr Name bedeutet übersetzt Bärenmenschen.

Die Kallisto-Legende hängt ebenfalls mit der Werwolf-Legende über Lykaon zusammen. Sogar eine volkstümliche Bezeichnung für den Bären in der alt-griechischen Sprache, "Bienen-Wolf", auf Englisch: "bee-wolf" (aufgrund der angeblichen Vorliebe von Bären für Honig) hat es zur Legende geschafft. Eine Legende, die zugleich als das erste große literarische Werk englischer Sprache gilt.

Die Engländer

Die Geschichte ist "Beowulf", im englischen Sprachraum wird sie von fast jedem Schüler der High School im Unterricht gelesen. Es ist kurz gesagt die Geschichte eines gautischen Helden, der die Welt vor etlichen Übeln rettete. Angeblich hat Beowulf die Stärke von dreißig Männern in der linken Hand. Er ist ein kräftiger Schwimmer mit enormer Ausdauer. Diese Eigenschaften werden oft mit denen eines Bären verglichen.

Indianische Legenden

Dies sind nicht die einzigen Legenden über Bären-Gestaltwandler. Eine der vielleicht ältesten Sagen der Menschheit handelt von Bären-Shape Shifter. Der Mythos der Bärenmutter findet sich in vielen Kulturen weltweit, inklusive einiger indianischen Völker.

Die Mutter der Bären

Die ursprünglichste Version der Geschichte über die Bärenmutter wird vom Volk der Haida in British Columbia erzählt. In dieser Fassung waren einige Frauen des Stamms unterwegs Heidelbeeren sammeln. Alle bis auf eine sangen zur Besänftigung der Bären. Sie aber schwatzte unablässig über ihre eigenen Probleme, und dies verärgerte die Bären -- sie fühlten sich von ihr verspottet. Als die Beerensammler dann nach Hause aufbrachen, war das Tratschweib die letzte, denn sie hatte ihre Beeren verschüttet und musste sie erneut aufsammeln. Und wie sie damit beschäftigt war, kamen zwei Männern in Mänteln aus Bärenfell auf sie zu. Der eine bot ihr Hilfe an wenn sie anschließend mit ihm mitkommen würde. Die Frau stimmte dem zu. So folgte sie den beiden Männern zu einem großen Haus. Drinnen saßen Leute, alle mit Bärenfellen bekleidet. Man erzählte ihr, dass sie sich in einer Bärenhöhle befinde und so nun eine von ihnen sei. Darauf bemerkte sie, dass auch sie nun einen Mantel aus Bärenfell trug. Der Häuptling des Bärenvolks nahm sie zur Frau und sie gebar Zwillinge, beide halb Mensch, halb Bär.

Eines Tages, nach langer Suche, fanden ihre Brüder sie. Sie töteten ihren Mann. Aber bevor der Bärengatte starb, lehrte er ihr die Gesänge die ihre Brüder bei der Bestattung singen müssen, um seine Seele ins Jenseits zu helfen und ihr Glück für die Zukunft zu sichern. Die Söhne des Bären lebten mit dem Stamm als Menschen bis ihre Mutter verstarb. Ihr Tod zerschnitt die Verbindung der Zwillinge mit der Menschheit, sie verwandelten sich wieder in Bären und kehrten zum Bärenvolk zurück,

Für manche Völker wurde diese Sage zum Mythos über die Schöpfung selbst, andere gingen so weit zu glauben, die ganze Menschheit stammt von den Kindern der Söhne des Bären ab. Und sehr viele Völker glaubten an eine tiefe spirituelle Verbindung mit Bären.

Was wird denn über Bären geglaubt?

Das hängt ganz davon ab, wen man fragt. Fast immer wird der Bär durch das Sternbild Großer Bär versinnbildlicht. Es besteht aus vierzehn Sternen, von denen sieben besonders hell leuchten. Bei amerikanischen Hobbyastronomen wird diese Konstellation auch gerne scherzhaft als Große Kelle bezeichnet. Vom Rumpf des Bären scheint ein langer Schwanz auszugehen, der genauso aussieht wie der Griff einer großen Soßenkelle. Dieser "Schwanz" existiert bei heutigen Bären nicht mehr, aber Höhlenbären besaßen ihn und so war die Form des Himmels-Bären für frühere Menschen nicht ungewöhnlich.

o'wolf schreibt:

Der wahre Grund dürfte sein, dass das Sternbild des Großen Bären durch einen anderen Betrachtungswinkel heute etwas anders aussieht als in der Antike, der Schwanz also heute länger erscheint als zur Entstehung dieser Sagen.

Viele Völker nutzten diese Sterne zur Bestimmung der Jahreszeiten. Wenn der Winter näher kam, sank der Bär langsam tiefer am nächtlichen Himmel, auf der Suche nach einem Nachtlager. Diese Sterne rotieren langsam um den Nordstern, jede Nacht auf dem selben Weg. Sie zeigen die Zeit an, genau genug dass viele Naturvölker sie heute noch zur Zeitbestimmung benutzen.

Etliche dieser Völker betrachteten den Bären als Bruder, oder Urgroßvater. Für sie war der Bär sehr menschlich in seinem Verhalten. Er kann auf seinen Hinterbeinen stehen und wie ein Mensch laufen, er frisst das selbe was sie aßen, er benutze die selben Pfade und kümmert sich mit erbitterter Kraft um den Schutz seiner Welpen. Legt man das Skelett eines Bären ausgestreckt hin, sieht es fast wie das eines Menschen aus. Der Bär wurde zum Begleiter auf dem Pfad des Lebens und zum Beispiel wie man es lebt. Diese Einheit von Mensch und Bär wird besonders anschaulich im Grizzly Bear Song der Tlingit-Indianer:

Oa! Bär!
Oa! Oa!
Also sagst du
Oa Oa Oa!
Du kommst
Du bist ein netter junger Mann
Du Grizzly Bär
Du kriechst aus dem Fell.
Du kommst
I sage Oa Oa Oa!
I übergebe Speck dem Feuer
Für dich
Grizzly Bär
Wir sind eins!

Im spirituellen Sinne wird die Bärin als Totem der Heilkunst oder Stärke und Selbstbeobachtung angesehen. Sie ist der Geist des Westens. Sie steht für Wiedergeburt und Erholung. Wie ein Gleichnis des Todes verschwindet die Bärin in ihrer Höhle und bleibt über die kalten Monate des Winters verschwunden. Und dann, wenn der Frühling kommt, kehrt sie zurück, wiedergeboren. Der Schamane kleidet sich oft mit dem Fell einer Bärin und bittet sie um Heilung des Kranken oder den Weg zu den Kräutern, die einen kränkelnden Stammesbruder heilen können.

Heute wenden sich die Anhänger eines modernen Schamanismus an die Bärin aus genau den selben Gründen. Als Geist des Westens ist sie eine der großen vier Mächte. Sie ermuntert ihre Anhänger zum überlegten Handeln, ihre Entscheidungen abzuwägen, die sie fällen müssen.

Bücher über Werbären

Romane

Viele Autoren von Belletristik haben in ihren Romanen Figuren beschrieben, die sich in Bären verwandeln. Am bekanntesten dürfte der verstorbene J.R.R. Tolkien sein. Er erschuf Beorn, durch den sich im letzten Kampf in Der Hobbit das Blatt wendet. Oder aber Dennis L. McKiernen. McKiernen schrieb The Eye of the Hunter, eine Geschichte über eine Gruppe von Helden auf der Suche nach einem uralten Übel. Eine der Figuren namens Urus wird als Verfluchter bezeichnet, da er sich zwar in einen Bären verwandeln kann, aber möglicherweise nicht zurück. Und schließlich David Eddings. In seiner Belgariad-Saga gibt es die Figur des Barak, der sich immer dann in einen Bären verwandelt, wenn der Protagonist in Gefahr gerät.

Auch in Comics gibt es Figuren, die sich in Bären verwandeln, oder zumindest in bären-ähnliche Wesen. Im Comic "New Men" wird eine Figur namens Kodiak gezeigt, die sich von einem unscheinbaren Teenager in einen gewaltigen bärigen Humanoiden verwandeln kann. Von Marvel gibt es zwei Titel. Der erste heißt Ursa Major und handelt von einem sowjetischen Spion der zu einem einem großen Bärenmenschen werden kann. Der zweite ist Ephraim Dees, dessen Macht sich als geisterhafter Bär über seiner Aura legt. Keiner dieser Charaktere ist gut ausgearbeitet und die Zeit wert, das Comic zu lesen. Der Vollständigkeit halber sind die Titel hier dennoch aufgeführt.

Sachbücher

Es gibt eine Reihe von Bücher über Mythologie. Die Sachbücher sind dabei erheblich besser als die aufgeführten Romane. Empfohlene Bücher, sowohl über Bären als auch Werbären, sind:

  • Shepard, Paul and Barry Sanders. The Sacred Paw. New York, NY: Arkana, 1985
    Dieses Buch ist ohne Zweifel das beste Buch zum Thema. Es behandelt in großer Detailtreue die Biologie des Bären, den Spiritualismus den viele Völker mit Bären verbinden und Bären in der Literatur. Eine großartige Lektüre mit der wohl vollständigsten Quellenangabe zum Thema. Es werden daneben auch Spiritualismus und Schamanismus im Allgemeinen erklärt.
  • Brown, Gary. The Great Bear Almanac. New York, NY: Lyons & Burford, 1993
  • Elman, Robert. Bears: Rulers of the Wilderness. Stamford, CT: Longmeadow, 1992
  • Savage, Candice. Grizzly Bears. Vancouver, British Columbia: Sierra Club, 1990
  • Rockwell, David. Giving Voice To Bear. Toronto, Ontario: Roberts Rinehart, 1991
    Diese vier sind exzellente Bücher über Bären allgemein, mit einem großen Schwerpunkt auf dem Symbolismus Bär. Das Buch von Savage ist ein hervorragend gemachtes Photo-Essay das sowohl Mythologie als auch wissenschaftliche Fakten erklärt. Browns Buch ist ein Nachschlagewerk mit wenig bekannten Fakten über Bären, inklusive Mythologie. Der Band von Elman ist ein weiteres Photo-Essay mit wunderbaren Bildern, wenn auch nicht ganz so nett wie das Buch von Savage aber dafür thematisch breitgefächerter. Rockwell schließlich behandelt indianischen Glauben über den Bären.
  • Andrews, Ted. Animal-Speak. St. Paul, MN: Llewellyn Publications, 1994
  • Meadows, Kenneth. The Medicine Way: A Shamanic Path to Self-Mastery. Dorset: Element Press, 1990
    Diese beiden Bücher bieten gute Informationen über Schamanismus, nicht nur über Bär als Totem. Es werden Informationen über viele Totems und ihre Bedeutung präsentiert.